Alte Freunde wiedertreffen, Zelten im Regen und ein bisschen Yoga

Einkokoniert liege ich im Schlafsack, während der Regen auf das Zeltdach trommelt. Es klingt, als würde der Himmel alles herunter schütten, was unser Breitengrad der Erde an Wasser aufzubieten hat. Aber ich weiß, es klingt schlimmer, als es tatsächlich ist. Dennoch werde ich heute auf meine Yoga-Session im Freien verzichten.

Es ist die zweite und letzte Nacht im Zelt. Die beiden Jungs liegen in der Mitte und schlafen noch. Und wir, die Eltern, liegen jeweils am Rande der Luftmatratzen, eine schützende Mauer gegen die Lücke zwischen Zeltwand und Matratze bildend.

Gestern sind wir spät ins Bett. Während die Erwachsenen über alte Zeiten schwatzten, lachend und Wein trinkend, spielten die Kinder Schatzsuche. Jeder war mal dran, einen Schatz, Knabberfiguren, die sich für kurze Zeit in Goldnuggets verwandelt hatten, zu verstecken und eine Schatzkarte zu malen oder Hinweise an verschiedenen Orten des Zeltplatzes zu verstecken: Oberrabenstein, der Campingplatz am Wildgatter, ein Kleinod, das zu besuchen wir nicht auf die Idee gekommen wären, wenn wir nicht Chemnitz ausgesucht hätten, um uns nach einer halben Ewigkeit mal wieder zu treffen, lebende Fossilien des Filmclubs, die nach der mehr oder weniger langen Studentenzeit, die lang hinter uns liegt, über ganz Deutschland und darüber hinaus verstreut sind.

Die Kinder, drei Mädchen und unsere zwei Jungs, haben sich auf Anhieb verstanden, beim Schüren der Glut des Grills und dem Experiment, was macht mehr Rauch, Blätter oder Gras? Beim Erkunden des Wildgatters, wo wir neben einer Wildkatze und verschiedenen Hirschen und Co. eine gelbe Lohblüte gefunden haben, die sich an einen alten Baumstumpf schmiegte. Beim wohligen Leiden auf dem Barfußpfad, beim Verhungernlassen der Erwachsenen auf der Wippe.

Gestern gab ich meine erste Kinderyogastunde, die drei Mädchen machten mit, während die Jungs kurz zuschauten, sich aber entschieden, den Grill anheizen zu helfen. Ich hatte zwei Lieder zum Aufwärmen ausgesucht und erzählte danach die Geschichte von der kleinen Raupe Nimmersatt. Wir praktizierten den Sonnengruß, um die Pflanzen wachsen zu lassen, die die kleine Raupe frisst, wir waren Gras, das sich im Wind wiegt, wir standen wie starke Bäume, deren Äste einander halten, wir waren die Raupe selbst, herabschauend und nach oben schauend. Zum Shavasana verkrochen sich die kleinen Raupen in ihre Kokons, um am Schluss als Schmetterlinge herauszuschlüpfen. Die Asanas vergingen wie im Flug Baddha Konasanas, und die Kinder wollten mehr. Glücklicherweise kamen die Jungs in dem Augenblick mit der ersten Schatzkarte des Abends um die Ecke.

In dieser ersten Yoga-(Bruchteil-einer)-Stunde, die ich den Kindern gab, lernte ich mehr als in der Online-Schulung. Es ist immer gut, einige Asanas mehr in petto zu haben, es braucht eine große Playlist, um auf Musikwünsche eingehen zu können, dynamisch Üben ist für Kinder natürlicher als langes Verharren. Und es ist eine Freude, mit welchem Enthusiasmus die Kinder die Stunde mitgestalten und die Geschichte weiterspinnen. 

Für mich habe ich eine geraffte Ashtanga-Klasse geübt, hinter der Hütte, äh Villa, die unsere Freunde zum Übernachten gemietet hatten. Ich bemerkte Fortschritte bei Marichyasana A. Immer noch weit weg von der Verschränkung der Hände hinter dem Rücken, komme ich dennoch schon ein Stück weiter und die Haltung fühlt sich, wenn auch noch nicht komfortabel, so zumindest nicht mehr sperrig an.

Je mehr ich schwitzte, umso lieber mochten mich die Mücken. Sie setzten sich auf die Yogamatte, die meine Haut für sie bildete, praktizierten den herabschauenden Hund und stachen zu. 

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